Überschreitung des Hobbybereichs führt zur Gewerblichkeit – auch im „Kinderzimmer“
Besteuerung von Gewinnen aus Online-Poker
Wer mit nachhaltig betriebenen Online-Pokerspiel den Rahmen einer reinen Hobbytätigkeit überschreitet, erzielt damit Einkünfte, die u.U. der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer unterliegen.
Online-Pokerspiel: Gewinne können der Einkommensteuer unterliegen
Ein Mathematikstudent hatte im Jahr 2007 mit dem Online-Pokerspiel in der Variante „Texas Hold’em / Fixed Limit“ begonnen. Ausgehend von zunächst kleinen Einsätzen und Gewinnen steigerte er seine Einsätze allmählich. Auch seine Gewinne stiegen mit der Zeit erheblich an. Im Streitjahr 2009 erzielte er aus dem Online-Pokerspiel bereits einen Gewinn von über 80.000 Euro, der in den Folgejahren weiter anstieg. Allein im Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 belief sich seine registrierte Gesamtspielzeit auf 673 Stunden. Das Finanzgericht hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger ab Oktober 2009 gewerblich tätig gewesen sei und demzufolge der in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 erzielte Gewinn von gut 60.000 Euro der Einkommensteuer unterliege.
Der Bundesfinanzhof bestätigte dies und entschied, dass auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen können. Er knüpfte dabei an frühere Entscheidungen zum Pokerspiel in Form von Präsenzturnieren und in Casinos an. Danach ist Poker in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht kein reines Glücksspiel, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet.
Dies gilt auch beim Online-Poker, selbst wenn dort kein persönlicher Kontakt zu den Mitspielern möglich ist. Allerdings unterliegt – unabhängig von der Form des Pokerspiels – nicht jeder Pokerspieler der Einkommensteuer. Für Freizeit- und Hobbyspieler handelt es sich weiterhin um eine private Tätigkeit, bei der Gewinne (und auch Verluste) keine steuerliche Auswirkung haben. Wenn jedoch der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit überschritten wird und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse geht, sondern um die Erzielung von Einkünften, ist sein Handeln als gewerblich anzusehen.
Maßgebend ist die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Gewerbetreibenden bzw. Berufsspieler, z. B. die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets.
Was bedeutet in dem Zusammenhang „nachhaltige Betätigung“?
Der o.g. Student betrieb seine Tätigkeit eigenständig und mit Gewinnerzielungsabsicht. Darüber hinaus war er nachhaltig tätig. Eine Tätigkeit gilt als nachhaltig, wenn sie objektiv darauf abzielt, sie wiederholt auszuführen und daraus eine dauerhafte Einkommensquelle zu schaffen. Die Anzahl der Spiele (über 780.000 von 2009 bis 2013) und die aufgewendete Spielzeit (über 5.500 Stunden) verdeutlichen eindeutig die Absicht zur Wiederholung. Die Tatsache, dass der Student die Gewinne nicht sofort für seinen Lebensunterhalt verwendete, sondern sie ansparte, beeinträchtigt nicht die Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit.
Poker ist kein reines Glücksspiel? Spiel gegen „Bots“?
Auch beim Poker an einem realen Tisch, können Gewinne steuerpflichtig sein, wie bereits vom Bundesfinanzhof entschieden wurde. Obwohl Gewinne aus Glücksspielen im Allgemeinen nicht besteuert werden, fällt Poker laut dem BFH nicht in diese Kategorie. Der Bundesfinanzhof betrachtet Poker nicht als reines Glücksspiel, sondern als eine Mischung aus Glück und Geschicklichkeit. Poker erfordert taktisches Geschick, Menschenkenntnis, Nervenstärke und sogar die Fähigkeit, Mimik zu lesen. Ein erfahrener Pokerspieler kann dadurch seine Gewinnchancen erheblich steigern. Daher können Einkünfte aus Poker als steuerpflichtiges Einkommen angesehen werden.
Dass der Student im o.g. Beispiel in seinen Online-Pokerrunden unwissentlich auch gegen Bots (also Software) und nicht gegen echte Menschen gespielt haben könnte, ist in diesem Fall für die Einstufung als gewerbliche Tätigkeit aber unerheblich.
(Quelle: Mandantenrundschreiben September 2023)
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