Die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von 6 % für Stundungen und Aussetzungen wird derzeit überprüft – Steuerzahler sollten Einspruch einlegen, um sich mögliche Vorteile zu sichern.

Zinsfrage vor dem Bundesverfassungsgericht: Handlungsbedarf für Steuerzahler

Die Frage nach fairen Zinsen in steuerlichen Aussetzungs- und Stundungsfällen hat erneut eine entscheidende Wendung genommen: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von 6 % pro Jahr geäußert und das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt. Die damit verbundenen rechtlichen und finanziellen Auswirkungen betreffen nicht nur Betroffene direkt, sondern werfen auch ein Schlaglicht auf eine bislang ungeklärte Gerechtigkeitsfrage im Steuerrecht.

Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes für die Erhebung von Zinsen bei Stundungen und Aussetzungen von Steuerzahlungen – Einspruch einlegen!

Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 237 i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung seit dem 01.01.2019 bis zum 15.04.2021 insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als der Zinsberechnung für die Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung ein Zinssatz von 0,5 % pro Monat zugrunde gelegt wird (Az. VIII R 9/23).

Ein Steuerzahler sollte im Rahmen eines Aussetzungsverfahrens Zinsen in Höhe von mehr als 12.500 Euro bezahlen – entsprechend dem Zinssatz von 6 % pro Jahr. Diese Zinsen dürfen Finanzämter zwar grundsätzlich erheben, wenn Behörde und Steuerzahler über einen Sachverhalt uneins sind und der Vollzug des Steuerbescheids bis zur endgültigen Klärung durch ein Gericht ausgesetzt wird. Der Steuerzahler wehrte sich allerdings gegen die Höhe des Zinssatzes.

Auch nach der Zinsanpassung gelten bei Stundungen und Aussetzungen von Steuerzahlungen weiterhin 6 % Zinsen pro Jahr. Das Bundesverfassungsgericht könnte die Regelung aber bald kippen. Für Steuernachzahlungen und -erstattungen hat der Gesetzgeber diesen Wert längst angepasst, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Zinshöhe 2021 als zu hoch beurteilt hat – auf nun 1,8 %.

Hinweis:
Betroffene, denen das Finanzamt 6 % Zinsen für eine Stundung oder Aussetzung in Rechnung gestellt hat, sollten über einen Einspruch gegen diesen Bescheid einlegen. Obwohl das Verfahren jetzt noch beim Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung liegt, sollten Betroffene in einer ähnlichen Situation bereits aktiv werden. Gegen noch nicht bestandskräftige Bescheide kann es sich lohnen, mit Verweis auf das laufende Verfahren Einspruch einzulegen und das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Dadurch wird der Steuerbescheid offengehalten und das Finanzamt kann nach Abschluss des Gerichtsverfahrens entsprechende Anpassungen vornehmen. Die Entscheidung betrifft am Ende nicht nur Zinsen für Aussetzungen und Stundungen, sondern auch solche für hinterzogene Steuern sowie Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge.

Hintergründe und Praxisrelevanz

Der Zinssatz von 6 % jährlich für steuerliche Nebenleistungen wie Stundungen oder Aussetzungen steht seit Längerem in der Kritik, insbesondere durch den BFH und aufgrund anhängiger Verfahren beim Bundesverfassungsgericht. Im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung wurde 2022 zwar eine Anpassung des Zinssatzes für Nachforderungen und Erstattungen (§ 233a AO) auf 1,8 % vorgenommen, nicht jedoch für andere Verzinsungstatbestände wie § 237 AO. Diese Ungleichbehandlung ist ein zentraler Kritikpunkt, der vom BFH nun zur Prüfung vorgelegt wurde.

Welche Schritte sollten Betroffene jetzt unternehmen?

Für Steuerpflichtige, die mit Zinsforderungen aufgrund von Stundungen oder Aussetzungen konfrontiert sind, ist jetzt Handlungsbedarf geboten:

  • Einspruch einlegen: Um Ansprüche offenzuhalten, sollte bei betroffenen Bescheiden Einspruch eingelegt werden.
  • Ruhen des Verfahrens beantragen: Damit wird das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt.
  • Beratung einholen: Der Sachverhalt ist komplex und erfordert eine individuelle Prüfung durch Experten.

Weitreichende Konsequenzen bei einer Entscheidung des BVerfG

Sollte das Bundesverfassungsgericht den Zinssatz von 6 % als verfassungswidrig erklären, wäre dies nicht nur für Aussetzungszinsen (§ 237 AO) relevant. Auch andere Verzinsungstatbestände, wie Stundungszinsen (§ 234 AO) oder Prozesszinsen (§ 236 AO), könnten betroffen sein. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass weitere Bereiche des Steuerrechts wie der Säumniszuschlag in die Diskussion einbezogen werden.

Fazit und Tipp:

Die Diskussion über den Zinssatz zeigt, wie stark sich Änderungen in der Rechtsprechung auf Steuerzahler auswirken können. Wer betroffen ist, sollte aktiv werden und rechtzeitig Einspruch einlegen, um mögliche Erstattungen nicht zu verpassen. Langfristig wäre evtl. eine Kopplung der Zinssätze an den Basiszinssatz sinnvoll, um zukünftige Ungerechtigkeiten zu vermeiden.

(Quelle u.a.: Mandantenrundschreiben Dezember 2024)

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